Langeweile (song)

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Langeweile
Song by Feeling B from the album Grün & Blau
Recorded:1992
Released:16 November 2007
Length:04:12
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Grün & Blau tracklist
  1. Graf Zahl
  2. Langeweile
  3. Dufte
  4. Frosch im Brunnen
  5. Herzschrittmacher
  6. Keine Zeit
  7. Hässlich
  8. Gipfel
  9. Schlendrian
  10. Wieder keine Zeit
  11. Space Race
  12. Veris Ducis
  13. Grün & Blau

Langeweile is the second song on the compilation album Grün & Blau by Feeling B.

Information

  • The song was recorded in 1992, by just Paul and Flake at the Fehrbelliner Straße 9.[1]
  • The music was composed by Paul, Flake and Nikki Landers.[1]
  • Paul played the guitar and recorded the drum computer, while Flake sung and played keyboard.[1]
  • The used sampler is an AKAI S 900. The effects device for the guitar is a Yamaha SPX 900.[1]
  • In the special edition of the compilation Grün & Blau, Flake wrote the following about the song:[2]
German original

In der DDR versuchten wir, so international wie möglich zu denken. Wir hörten keine Ostsender, lasen keine Zeitungen, trugen keine Ostanziehsachen und nahmen am öffentlichen Leben nicht teil. Wir gingnen nicht zur Wahl und freuten uns, als in der BRD die SPD gewählt wurde. Wir kannten die internationale Punkszene wahrscheinlich besser als die Protagonisten selbst. Mit aller Kraft versuchten wir an Westinstrumente zu kommen, um auf ihnen tage- und nächtelang zu spielen.

Meistens war ich alleine, probierte die ganze Nacht auf irgendwelchen geborgten Instrumenten herum und nahm jede entstehende Idee auf einen Kassettenrecorder auf. (Kennt Ihr übrigens das Spiel: Der König macht Kaffee, aber keine Milch? Da kam dann auch der nette Satz: Der König mag Kassetten aber keine Tonbänder. Für Langsame: Er steppt dazu, obwohl er eigentlich nicht gerne tanzt.) Auf meinen Kassetten war dann jedenfalls eine Menge Musik, die ich mir auch gerne anhörte. Selbst einige Freunde waren nur zu kurzen Anhörungen zu bewegen. Ich brauchte lange Zeit dazu, um zu begreifen, dass ein Lied erst ein Lied wird, wenn dazu gesungen wird. Sogar eine Phantasiesprache erreicht den Hörer besser als jedes Instrumental. Also klemmte ich mir ein Mikrofon zwischen die Knie und nuschelte leise hinein, um die Nachbarn nicht zu beunruhigen. Ich hatte schon beim hören meiner Bluesplatten mitgesungen und mir so den nötigen englischen Wortschatz angeeignet. Auf einmal musste ich jetzt wirklich einigen Liedstrukturen folgen und so entstanden so etwas ähnliches wie Lieder, die sofort interessanterweise auf den Hörer wirkten. Das Problem war nur, dass ich meine Stimme vom Band nicht ertragen konnte und erst recht nicht dabei sein konnte, wenn meine Stimme ertönte und Freunde dabei waren. Also musste ich meine Kassetten abgeben und hoffen, dass die Leute sich das anhören. Glücklicherweise wirkte meine Stimme auf andere nicht so wie auf mich. Höchstens auf die, die Englisch verstanden und sofort an meinem Geisteszustand zu zweifeln begannen. Also versuchte ich deutsche Texte zu machen. Da fiel mir auf, dass ich nichts zu sagen hatte. Ich hatte keine Botschaft, die ich der Welt übermitteln wollte. Ich war noch nicht verliebt, noch nicht getrennt und hatte keine Ahnung von irgendetwas. (Später, als ich das alles erlebt hatte, fiel mir allerdings auch nichts ein.)

Der Verlag 2001 veröffentlichte ein Buch mit den Texten der Rolling Stones mit deutscher Übersetzung. Wollte man einen englischen Text machen, suchte man sich einfach einige Zeilen aus verschiedenen Titeln heraus und setzt sie neu zusammen. Dazu musste man der englischen Zunge nicht mächtig sein. In deutsch ging es genauso, man schlug das Buch auf und schrieb such wahllos eine Zeile aus der Übersetzung nach der anderen heraus. Lustigerweise waren im Buch noch einige Alternativübersetzungen, obwohl ich das Wort "alternativ" zu der Zeit noch nie gehört hatte. Jumping Jack Flash hieß dann Flitzer Hans Blitz. Jedenfalls bastelte ich auf diese Art einige Texte zusammen, und diese waren nicht schlechter als die späteren, die durch Nachdenken entstanden. Ich fand dann Gedichtheftchen von DDR Lyrikern und sang diese Sachen auf meine Musik. Wenn mir eine Strophe nicht gefile, ließ ich sie weg. Niemand hat mir etwas über Urheberrechte oder solchen Quatsch erzählt. Paul griff auf Volksliedgut zurück oder Poesie wie Nils Randers. ("Sag Mutter es ist Uwe!" Oder sogar: "Sag Mutter's 's Uwe!"). In der Band machte Aljoscha die Texte und dafür war ich ihm unendlich dankbar. Die Qualität konnte ich nicht einschätzen, war aber bereit über alle geschmacklichen Entgleisungen hinwegzusehen, zumal die Neue Deutsche Welle die Hemmschwelle ziemlich herabgesetzt hatte. "Ich find dich scheiße" von Tic Tac Toe erschien erst zehn Jahre später.

Als dann die Wende kam, kehrte sich alles um. Jetzt versuchte ich so zu tun, als wäre alles wie immer — und auf einmal wollte ich Ostdeutscher sein. Ich wusste, dass unsere Musik im wirklichen Leben sehr provinziell wirkte und wollte es nicht wahrhaben. Die Ärzte haben so gute Lieder gemacht und so gut waren wir einfach nicht. Aber wir waren Ostler., 1993 hatten wir dann ein Problem. Wenn wir früher eine Platte aufnahmen, wählten wir einfach einige Titel aus unserem Repertoire aus und nahmen diese auf. Nach der dritten Platte waren aber die Titel alle. Jetzt sagt man wohl: die Titel waren aus. Es waren keine mehr über. Jedenfalls hatten wir keine Lieder mehr und mussten also welche machen. Paul und ich musizierten fleißig, aber was nützt das ohne Text. So opferte ich meine privaten Nachttexte, da diese auf einer alten Kassette wohl niemandem nützen würden - und so wurde vielleicht doch noch ein richtiges Lied daraus.

Langeweile war so ein Text. Ich wollte einfach entgegen besseren Wissens behaupten, dass alle großen Erfindungen und Entscheidungen nur aus Langeweile entstanden. Dann machten wir noch den Refrain mit dem Fernsehen dazu, weil Fernsehen in unseren Augen das langweiligste ist, was wir uns vorstellen konnten. Auch wenn es niemand glaubt, wir hatten alle keinen Fernseher. Ich habe seit einem halben Jahr erst eine TV-Karte für den Computer. Ich wollte bei Gravis meinen Laptop reparieren lassen und da muss man sich in den Computer eintragen wie man heißt und was man für ein Problem hat. Dann wird an die Wand projiziert, wer als nächster dran ist. Bis ich das gemerkt hatte, war meine Nummer schon abgelaufen und ich musste mich neu anmelden. Als ich diesmal dran war, drängelte sich jemand vor, und der Schalterangestellte dachte, dass ich das war und löschte mich wieder. Die nächste halbe Stunde wartete ich an einem Regal mit diesen TV-Karten. Aus Spaß fragte ich einen Vorübergehenden, ob man damit richtig fernsehen kann. Er fragte mich, was denn sonst ich damit machen wolle. Mich rasieren? Ich nahm meine Ahnung zusammen und fragte sachkundig, ob auch eine Antenne dabei sei. Unglaublich aber wahr, es funktioniert! An diesem Tag ging ich früh um halb sechs ins Bett, als die "Jugendrichterin" vorbei war. Jetzt gehe ich schon bewusster damit um. Ich wollte nur erklären, dass ich in der Zeit, als wir das Lied machten, Fernsehen für das allerletzte hielt. Und ich machte mich darüber lustig, da ich nicht fernsah, aber darüber sang. Es sollte nur eine Gesangsvorlage für Aljoscha sein, da er ja der Sänger war. Aber er wollte es nicht singen, was ja auch klar war, denn wie soll er sich mit so einem Text identifizieren? Außerdem sang er gar keinen Text mehr, da wir auch keine Platte mehr machten und uns auflösten. Dabei hatten wir aber alles schon vorbereitet. Aber Lieder werden nicht schlecht wie Milch, es sei denn, sie beziehen sich auf einen aktuellen Anlass wie etwa eine Fussballweltmeisterschaft.

English Deepl translation

In the GDR, we tried to think as internationally as possible. We didn't listen to any East German radio stations, didn't read any newspapers, didn't wear any East German clothes, and didn't participate in public life. We didn't go to the polls and were happy when the SPD was elected in the FRG. We probably knew the international punk scene better than the protagonists themselves. With all our might we tried to get hold of Western instruments to play on them for days and nights.

Most of the time I was alone, rehearsing all night long on some borrowed instruments and recording every emerging idea on a cassette recorder. (By the way, do you know the game: The king makes coffee, but no milk? There was also the nice sentence: The king likes cassettes but no tapes. For the slow ones: He tap dances to it, although he doesn't really like to dance). In any case, there was a lot of music on my cassettes, which I also liked to listen to. Even some friends could only be persuaded to listen briefly. It took me a long time to realize that a song only becomes a song when it is sung to. Even a fantasy language reaches the listener better than any instrumental. So I stuck a microphone between my knees and mumbled softly into it so as not to alarm the neighbors. I had already sung along while listening to my blues records and thus acquired the necessary English vocabulary. All of a sudden, I now really had to follow some song structures and so something similar to songs emerged that immediately had an interesting effect on the listener. The only problem was that I couldn't stand my voice from the tape and even more so I couldn't be there when my voice rang out and friends were there. So I had to turn in my tapes and hope people would listen. Fortunately, my voice didn't affect others the way it did me. At most on those who understood English and immediately began to doubt my state of mind. So I tried to do German lyrics. Then it struck me that I had nothing to say. I had no message that I wanted to convey to the world. I was not yet in love, not yet separated, and had no idea of anything. (Later, though, when I had experienced it all, I couldn't think of anything either).

The publisher in 2001 published a book of Rolling Stones lyrics with a German translation. If one wanted to make an English text, one simply picked out some lines from different titles and put them together again. You didn't have to be fluent in English to do this. In German it went the same way, one opened the book and wrote out indiscriminately a line from the translation after the other. Funnily enough, there were some alternative translations in the book, although I had never heard the word "alternative" at that time. Jumping Jack Flash was then called Flitzer Hans Blitz. Anyway, I cobbled together some texts this way, and they were no worse than the later ones that came by reflection. I then found poetry booklets by GDR lyricists and sang these things to my music. If I didn't like a verse, I left it out. Nobody told me anything about copyrights or such nonsense. Paul resorted to folk songs or poetry like Nils Randers. ("Sag Mutter es ist Uwe!" Or even: "Sag Mutter's 's Uwe!"). In the band Aljoscha did the lyrics and for that I was infinitely grateful to him. I couldn't judge the quality, but I was willing to overlook any lapses in taste, especially since the Neue Deutsche Welle had lowered the inhibition threshold quite a bit. "Ich find dich scheiße" by Tic Tac Toe didn't appear until ten years later.

Then when the turn came, everything turned around. Now I tried to pretend that everything was the same as always - and suddenly I wanted to be East German. I knew that our music seemed very provincial in real life and didn't want to admit it. The doctors made such good songs and we just weren't that good. But we were East Germans, so in 1993 we had a problem. When we used to make a record, we would just choose some titles from our repertoire and record them. But after the third record, we ran out of titles. Now I guess you say: the titles were out. There were no more left. Anyway, we didn't have any songs left, so we had to make some. Paul and I made music diligently, but what good is that without lyrics. So I sacrificed my private night texts, since these would probably be of no use to anyone on an old cassette - and so maybe it became a real song after all.

Langeweile was such a text. I just wanted to claim, against my better judgment, that all great inventions and decisions were made out of boredom. Then we added the refrain about television, because in our eyes television is the most boring thing we could imagine. Even if nobody believes it, we all had no television. I've only had a TV card for the computer for half a year. I wanted to have my laptop repaired at Gravis and there you have to enter into the computer what your name is and what your problem is. Then it is projected on the wall who is next. By the time I realized that, my number had expired and I had to re-register. This time when it was my turn, someone pushed their way in, and the counter clerk thought it was me and deleted me again. For the next half hour, I waited at a rack of those TV cards. As a joke, I asked a passerby if you could really watch TV with them. He asked me what else I wanted to do with it. Shave myself? I took my hunch together and asked knowledgeably if there was also an antenna. Unbelievable but true, it works! That day I went to bed early at half past five, when the "youth judge" was over. Now I am already more conscious about it. I just wanted to explain that during the time we were doing the song, I thought television was the very worst thing. And I made fun of it because I didn't watch TV, but I sang about it. It was just supposed to be a vocal sample for Alyosha, since he was the singer. But he didn't want to sing it, which was obvious, because how should he identify with such a text? Besides, he didn't sing any lyrics anymore, because we didn't make a record anymore and disbanded. But we had already prepared everything. But songs don't go bad like milk, unless they refer to a current occasion like a soccer world championship.

Versions

Studio

Title Release Length Recorded Released Notes
Langeweile Atlantis Demos 04:53 Demo version
Langeweile Grün & Blau 04:12 1992 16 Nov 2007 Remastered
Langeweile Grün & Blau 04:12 1992 11 May 2023 Remastered 2021

Lyrics

Album versions
Album version (Grün & Blau)
Demo version (Atlantis Demos)

Anton war ein Urmensch
Er lebte von der Jagd
Er rauchte keine Zigaretten
Weil es damals sowas noch nicht gab
So saß er stumm am Feuer
Und stierte vor sich hin
Dann baute er Faustkeile
Nur so aus langeweile
Martin L. war ein Gelehrter
Oft stiert er aus dem Fenster raus
Dann übersetzte er die Bibel
Zeile für Zeile
Nur so aus langeweile

Also ich für meinen Teil, steh mehr auf Fernsehn
Weil meine Frau und ich so gern sehn
Ich bin zwar kein Genie
Doch das störte mich noch nie

Rockefeller war ein armer Mann
Er stierte in die Zeitung rein
Er kaufte halb Amerika
Meile für Meile
Verdoppelt die Millionen
Nur so aus langeweile!
Marie Curie war eine Physikerin
Oft saß sie in ihrem Häuschen drin
Sie wollte gern an den Atomkern
Und spaltet die Teile
Nur so aus langeweile!

Also ich für meinen Teil, steh mehr auf Fernsehn
Weil meine Frau und ich so gern sehn
Ich bin zwar kein Genie
Doch das störte mich noch nie
Also Ich für meinen Teil, steh mehr auf Fernsehn
Weil meine Frau und ich so gern sehn
Ich bin zwar kein Genie
Doch das störte mich noch nie

Anton war ein Urmensch
Er lebte von der Jagd
Er rauchte keine Zigaretten
Weil es damals sowas noch nicht gab
So saß er stumm am Feuer
Und stierte vor sich hin
Dann baute er Faustkeile
Nur so aus langeweile
Martin L. war ein Gelehrter
Oft stiert er aus dem Fenster raus
Dann übersetzte er die Bibel
Zeile für Zeile
Nur so aus langeweile

Also ich für meinen Teil, steh mehr auf Fernsehn
Weil meine Frau und ich so gern sehn
Ich bin zwar kein Genie
Doch das störte mich noch nie

Rockefeller war ein armer Mann
Er stierte in die Zeitung rein
Er kaufte halb Amerika
Meile für Meile
Verdoppelt die Millionen
Nur so aus langeweile!
Marie Curie war eine Physikerin
Oft saß sie in ihrem Häuschen drin
Sie wollte gern an den Atomkern
Und spaltet die Teile
Nur so aus langeweile!

Also ich für meinen Teil, steh mehr auf Fernsehn
Weil meine Frau und ich so gern sehn
Ich bin zwar kein Genie
Doch das störte mich noch nie
Also Ich für meinen Teil, steh mehr auf Fernsehn
Weil meine Frau und ich so gern sehn
Ich bin zwar kein Genie
Doch das störte mich noch nie
Also ich für meinen Teil, steh mehr auf Fernsehn
Weil meine Frau und ich so gern sehn
Ich bin zwar kein Genie
Doch das störte mich noch nie

Sources

  1. 1.0 1.1 1.2 1.3 Grün & Blau, p. 146
  2. Grün & Blau, p. 59-64